Prof. Dr. Johannes von Gehlen
Verraten Sie uns etwas über Ihren bisherigen Werdegang?
Aufgewachsen bin ich in einem traditionellen Familienunternehmen in dritter Generation – mit 14 Jahren fing ich an zu arbeiten. Dann ging es in die große weite Welt: ein Jahr Südafrika (Zivildienst), einige Monate Spanien, ein halbes Jahr Südamerika während des Psychologiestudiums, ein Jahr Kalifornien während der Dissertation. Ich forschte experimentell im Bereich der Kognitionspsychologie. Mein Thema waren die Aufmerksamkeitsprozesse, die mich damals wie heute faszinieren. Beruflich machte ich mich, nachdem ich etwas Erfahrung gesammelt hatte, 2018 als systemischer Berater selbstständig. Mein Fokus ist lebenslanges Lernen und das Thema Lernkulturentwicklung. Nebenbei war ich freiberuflicher Dozent, später Professor in Teilzeit an einer privaten Hochschule.
Wo liegen Ihre Lehr- und Forschungsschwerpunkte und was interessiert Sie derzeit im Besonderen?
Was meine Forschung betrifft: Aufmerksamkeit ist heute die wertvollste Ressource weltweit. Unternehmen investieren Milliarden, um „User“ an Bildschirme, Produkte oder Dienstleistungen zu binden. Wie also fokussieren wir uns auf das Wesentliche? Welche Bedingungen müssen Unternehmen schaffen, dass Mitarbeiter konzentriert und fokussiert arbeiten können? Und wie funktioniert, in dieser VUCA-Welt voller Informationen, lebenslanges Lernen in Organisationen?
In der Lehre sind meine Schwerpunkte die Allgemeine Psychologie und die Biopsychologie, welche mir beide sehr viel Freude machen. Aktuell baue ich auch den Schwerpunkt Wirtschaftspsychologie im Studiengang Betriebswirtschaft auf.
Persönliches
Mein Fachgebiet in drei Worten:
... Wissen verständlich kommunizieren
Die HNU ist:
... voller Möglichkeiten
Diesen Satz höre von meinen Studierenden am liebsten:
„Das haben wir vor 2 Jahren gemacht – ich weiß es immer noch.“
Meine aktuelle Lektüre:
Aggression in Play Therapy – Lisa Dion; Fooled by Randomness – Nassim Taleb; Stolen Focus – Johann Hari
Mein nächstes Projekt/Publikation:
Servant Leadership, Fehlerkultur und Mitarbeitermotivation in Krisenzeiten
Das erste, was ich morgens an meinem Arbeitsplatze mache:
Einen Stapel loser, herumfliegender Zettel mit wichtigen Notizen zur Seite legen, welche ich ein paar Tage später verzweifelt suchen werde
Was steht immer auf Ihrem Schreibtisch?
Nur das Nötigste – ich bin pragmatisch.
Weshalb sind Sie Professor geworden?
Während meiner Promotion hatte ich eine Mitbewohnerin, die Schokolade an Luxushotels verkaufte. Sie war europaweit die beste Verkäuferin ihres Unternehmens. Eines Tages fragte ich sie, was sie motiviert. Sie sagte, sie genieße den ganzen Prozess des Verkaufsgesprächs von Anfang bis Ende.
Genauso geht es mir mit der Lehre. Es ist der Prozess der Wissensvermittlung selbst, der mich motiviert. Ich denke ständig über neue Wege nach, wie ich meine Inhalte didaktisch oder inhaltlich weiterentwickeln kann, probiere neue Ideen aus, scheitere regelmäßig und probiere wieder etwas anderes, bis etwas wirklich gut funktioniert.
Was kann man in Ihren Veranstaltungen lernen?
Ich hoffe, dass neben Fachwissen auch Kompetenzen wie Selbstreflexion, Authentizität und Selbstwirksamkeit entwickelt werden.
Wie waren Ihre ersten Monate an der HNU?
Ich habe das Gefühl, schnell angekommen zu sein. Das lag nicht zuletzt an Kolleginnen und Kollegen und Mitarbeitenden, die mir den Einstieg leicht gemacht haben.
Was hat Sie gerade nach Neu-Ulm an die HNU geführt? Was gefällt Ihnen an der Region?
Eigentlich bewarb ich mich, weil die HNU einfach näher an meinem Wohnort Kempten liegt als mein vorheriger Arbeitsplatz in München. Als ich dann das erste Mal zur Probe-Lehrveranstaltung an die HNU kam, war ich begeistert: ein modernes Gebäude mit guter Ausstattung (da kenne ich ganz andere Hochschulen) in grüner Umgebung. Der Park nebenan gefällt mir besonders gut und als ich herausfand, dass es ein Afrika-Institut gab, war es eine runde Sache.
Was machen Sie am liebsten, wenn Sie nicht gerade an der HNU lehren und/oder forschen?
Ich bewege mich gern im Spannungsfeld zwischen Gartenarbeit und Krypto- oder Derivatehandel, Afrikareisen und Kochabenden zu Hause mit Freunden.
Entweder | Oder
Sushi oder Spätzle? Spätzle
Camping oder Hotel? Hotel
Buch oder Film? Buch
Allgäuer Alpen oder Bodensee? Da ich im Allgäu wohne, natürlich die Alpen
Kaffee oder Tee? Beides
Fahrrad oder Auto? Auto
Sofa oder Sessel? Sofa mit meiner Frau
Zettelwirtschaft oder Notizbuch-App? Je nachdem
Waldspaziergang oder Großstadttrip? Beides in regelmäßiger Balance