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HNU-For­schungs­in­sti­tu­te im Fo­kus – #1: In­sti­tut Di­gi­He­alth 

13.07.2023, Nach­ge­forscht :

Die Digitalisierung hat in nahezu allen Lebensbereichen Einzug gehalten – so auch im Gesundheitswesen, wo digitale Technologien angesichts aktueller Herausforderungen wie dem demografischen Wandel oder dem Pflegenotstand vielversprechende Chancen bieten. Konkrete Lösungen entwickelt das Institut DigiHealth an der HNU:  Unter der Leitung von Prof. Dr. Walter Swoboda forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dort interdisziplinär an den Schnittstellen von Technologie, Informatik und Gesundheitswesen. Wir haben das DigiHealth-Team für die erste Folge unserer Reihe „HNU-Forschungsinstitute im Fokus“ besucht. 

Von den An­fän­gen ...

Mit der Übernahme seiner Forschungsprofessur gründete Prof. Dr. Walter Swoboda eine Arbeitsgruppe DigiHealth, aus der organisch das heutige Institut entstand. Seit über drei Jahren bietet das Institut DigiHealth jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nun die Möglichkeit, ihre eigene Forschung voranzutreiben und eine wissenschaftliche Karriere aufzubauen. 

Wir wollten unseren Promovierenden ein wissenschaftliches Nest bauen und einen guten Nährboden für interdisziplinäre Projekte schaffen.

Priv.-Doz. Dr. Elmar Buchner

„Ich halte das für sehr wichtig, denn die Anforderungen steigen ständig und nur durch hervorragende Fachkräfte, die auch international vernetzt sind, wird Deutschland als Wissenschaftsstandort mithalten können“, sagt Prof. Dr. Walter Sowoboda, der das Institut DigiHealth seit seinen Anfängen leitet.  

... bis heu­te

Das ist gelungen: Das Institutsteam hat sich seitdem verdreifacht und besteht mittlerweile aus 15 Personen, darunter acht Doktorandinnen und Doktoranden, die fast alle an das Bayerische Wissenschaftsforum (BayWISS) angeschlossen und bestens vernetzt sind. „ Ich schätze die Arbeit am Institut, weil wir ein dynamisches Team mit breiter und interdisziplinärer Ausrichtung sind – so wird an vielen interessanten Themen geforscht und man lernt jeden Tag etwas dazu“, erklärt Teammitglied Felix Holl, der derzeit über Bewertungsmethoden für mobile Gesundheitsanwendungen promoviert. 

Das Institutsteam: Daniel Hieber, Robin Renoth, Felix Holl (obere Reihe, v.l.n.r.); Prof. Dr. Johannes Schobel, Priv.-Doz. Dr. Elmar Buchner, Prof. Dr. Peter Kuhn (zweite Reihe von oben, v.l.n.r.); Prof. Dr. Walter Swoboda, Martin Schmieder, Maximilian Karthan (zweite Reihe von unten, v.l.n.r.); Ann-Kathrin Waibel, Martina Fotteler (untere Reihe, v.l.n.r.)

Die In­sti­tuts­lei­ter

Prof. Dr. Wal­ter Swo­bo­da

leitet das Institut DigiHealth.  Als Arzt und Informatiker arbeitet der Forschungsprofessor an der Schnittstelle von Gesundheit(swesen) und Digitalisierung.  Prof. Dr. Walter Swoboda ist zudem Gründer und Vorsitzender der gemeinsamen Ethikkommission der Bayerischen Hochschulen (GEHBa). „Wenn neben meiner Leitungsfunktion noch Zeit für eigene Forschung bleibt, so bin ich an ethischen Fragestellungen und an Themen der künftigen Ausgestaltung des Gesundheitssystems interessiert.“

Priv.-Doz. Dr. El­mar Buch­ner 

fungiert als stellvertretender Leiter des Instituts; eine Rolle, die sich mit seiner übergreifenden Funktion in der strategischen Forschungsförderung ergänzt: „Neben administrativen Aufgaben wie der Institutsfinanzierung geht es mir in erster Linie darum, ein gutes wissenschaftliches Umfeld am Institut her- und sicherzustellen und für eine forschungsnahe Atmosphäre zu sorgen. Als eine Art ‚integrative Schnittstelle‘ fördere ich dabei etwa den Austausch zwischen den Promovierenden und den am Institut beteiligten Professorinnen und Professoren.“

Walter Swoboda

Unser Institut in drei Stichworten? Interdisziplinär – innovativ – kollegial. 

Prof. Dr. Walter Swoboda

Die For­schungs­the­men

Technologie trifft Informatik trifft Gesundheitswesen: An den Schnittstellen dieser Trias, mit der sich das DigiHealth-Team beschäftigt, ergeben sich hochaktuelle Fragestellungen.  Schon heute sind IT-Systeme und digitale Technologien aus dem Gesundheitswesen nicht mehr wegzudenken, und der Bedarf an innovativen Lösungen nimmt stetig zu. Dabei geht es um ganz unterschiedliche Dimensionen der Digitalisierung, die allesamt dazu beitragen, die Qualität und Effizienz der Gesundheitsversorgung zu steigern – klassische Beispiele sind etwa die Vernetzung im Gesundheitswesen (Telematikinfrastruktur), die elektronische Patientenakte (ePA) oder digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Auch am Institut DigiHealth stehen mit mobilen Anwendungen, technischen Assistenzsystemen und der Telemedizin wesentliche Bereiche der Digitalisierung des Gesundheitswesens im Fokus, doch das ist nicht alles: Ganz im Sinne der interdisziplinären Ausrichtung des Instituts wird u.a. auch an der Ausbreitung von Krankheiten aufgrund invasiver Insektenarten oder der gesellschaftlichen Akzeptanz von Geothermie geforscht. Hier plant das Institut derzeit eine zweite Promotionsstelle, um neben Akzeptanz und Machbarkeit auch regionale Bedarfe zu analysieren, wie Priv.-Doz. Dr. Elmar Buchner berichtet. „Geothermie hat enormes Potenzial – doch es herrscht ein Mangel an Technologieoffenheit. Dem wollen wir mit unserer Forschung entgegenwirken."

In den Bereichen Pflege, Finanzierung, Ethik, KI/Maschinelles Lernen sowie Gesundheit und Umwelt ist der Forschungsbedarf groß und wird weiter wachsen. Das sind allesamt Schwerpunkte, in denen wir am Institut sehr gut aufgestellt sind.

Priv.-Doz. Dr. Elmar Buchner

Welche Faktoren fördern oder behindern den Fortschritt der Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland? Welche Potenziale bestehen für Beratung, Behandlung und Pflege? Wie müssen neue Technologien hinsichtlich ihrer Auswirkungen und Potentiale evaluaiert werden? Wie ist die Akzeptanz neuer Technologien bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitssektor? Das sind nur einige der Fragen, mit denen sich das Institut DigiHealth aktuell und künftig beschäftigt.
Mittelfristig steht die Sicherung der Finanzierung durch Forschungsanträge im Vordergrund, erklärt Prof. Dr. Walter Swoboda. Hier gehe es natürlich auch darum, das geschaffene Nest für die wissenschaftlichen Mitarbeitenden zu halten und – Stichwort Zeitarbeitsverträge – eine Sicherung ihrer Arbeitsplätze zu erwirken.
Langfristig wird sich das Institut weiterhin im Spannungsfeld von Medizin/Pflege und Technik bewegen: „ Hier werden wird als im Vergleich kleines Institut auch weiterhin hochqualitative Forschung anbieten, wobei wir den Vorteil unserer hohen Flexibilität nutzen. Wie werden KI und Gentechnik unsere Welt verändern? Das sind Fragen, denen wir uns künftig stellen müssen. Mir persönlich ist dabei die ethische Bewertung besonders wichtig.“

Wie werden KI und Gentechnik unsere Welt verändern? Das sind Fragen, denen wir uns künftig stellen müssen.

Prof. Dr. Walter Sowoboda

Ma­chi­ne-Learning-Me­tho­den für ei­ne bes­se­re Tu­mor­er­ken­nung

Eines der aktuellen Forschungsprojekte am Institut DigiHealth ist das Projekt NAP (Neu­ro­nal Net­work As­sis­ted Pa­tho­lo­gy). Hier forscht der wissenschaftliche Mitarbeiter Daniel Hieber gemeinsam mit den DigiHealth-Kollegen Prof. Dr. Johannes Schobel und Maximilian Karthan sowie dem Institut für Pathologie und molekulare Diagnostik am Universitätsklinikum Augsburg daran, die Erkennung von Glioblastomen – bösartigen Hirnturmoren mit einer infausten, also ungünstigen Prognose – zu verbessern.  Der Grund: Die Heterogenität von Glioblastomen, also die Frage danach, wie sehr sich die Tumore in sich selbst unterscheiden, ist nach derzeitigem Kenntnisstand ein ausschlagebender Grund für ihre Therapieresistenz: Je heterogener das Glioblastom, desto schwieriger wird es. 

Weil die (manuelle) Bestimmung dieser Heterogenität ein sehr langwieriger Prozess ist – ein Neuropathologe oder eine Neuropathologin wäre zwischen vier und acht Stunden mit einer solchen Bestimmung beschäftigt –, gehört sie allerdings nicht zur Standarddiagnostik.

Beispiel: automatische Segmentierung eines Glioblastoms

Es bedarf also Lösungen, die die Heterogenitätsbestimmung standardisieren oder zumindest vereinfachen und so möglicherweise neue Therapieansätze ermöglichen – und hier setzt das Projekt NAP an. Die DigiHealth-Forscher trainieren Machine-Learning-Modelle, die durch Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE-Färbung) hervorgehobene Gewebeschnitte automatisch analysieren. Diese HE-Slides werden in der Tumor-Diagnostik standardmäßig erstellt, stellen also keine Zusatzbelastung für das klinische Personal dar. Mit dieser Methode, die bei einer Genauigkeit von 67% liegt, ist eine Heterogenitätsbestimmung bei Glioblastomen innerhalb weniger Minuten statt Stunden möglich. 

Das Institut für Neuropathologie der TUM stellt dafür die notwendigen Bilddaten zur Verfügung. Die einzelnen Bildszenen der pathologischen Schnitte sind jeweils rund 6,5 Gigabyte groß und haben eine Auflösung von 70.000 mal 40.000 Pixeln.

An­sprech­part­ner

Da­ni­el Hie­ber

Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Machine Learning und Digitalisierung in der Neuropathologie.

Telefon: 0731/9762-1635

Standort: Hauptgebäude B, B.2.22

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Daniel Hieber

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