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HNU-Pro­gramm für Ge­flüch­te­te: Ei­ne neue Per­spek­ti­ve für Aus­tin Osa­we

27.07.2022, Stu­di­um :

Von Benin über Dnipro nach Neu-Ulm: Austin Osawe hat für sein Studium einen weiten Weg zurückgelegt – und das unter schwierigen Bedingungen: Der gebürtige Nigerianer studierte bis vor kurzem Business Management in der Ukraine. Als dort der Krieg ausbrach, führte ihn sein Weg nach Bayern, wo er sein Studium an der Hochschule Neu-Ulm (HNU) nun fortsetzen kann. Möglich macht das ein HNU-Programm für aus der Ukraine Geflüchtete.  

Mehr als 1.800 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Dnipro, der viertgrößten Stadt der Ukraine, und Neu-Ulm, der drittgrößten Stadt des Regierungsbezirks Schwaben. Als sich Austin Osawe 2019 entschließt, Nigeria zu verlassen, um an der National Metallurgical Academy of Ukraine (NMetAU) in Dnipro Betriebswirtschaft zu studieren, ahnt er nicht, dass er drei Jahre später gezwungen sein wird, seinen Lebensmittelpunkt noch einmal zu verlagern. „In der Ukraine studierten viele Leute aus ganz Afrika – wie ich aus Nigeria, auch aus Kenia oder Südafrika –, weil das System ähnlich aufgebaut und dadurch gut übertragbar ist“, erklärt der 37-Jährige, der sich nach seinem Diplom in Mathematik noch einmal für ein weiteres Studium entschied. „Für mich bot die Zulassung an der NMetAU bessere Chancen auf eine gute Ausbildung und die Möglichkeit, neben dem Studium zu arbeiten“.

Ein überstürzter Aufbruch und unbürokratische Lösungen  

Mit dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 ändert sich dann alles – auch für die internationalen Studierenden an der NMetAU. Nach den ersten Bombardierungen erhält Osawe einen Anruf seines Vermieters, der ihm dringend nahelegte, das Land sofort zu verlassen. „Ich habe eilig einige wenige Sachen zusammengesucht und mich auf den Weg zum Bahnhof gemacht“, erzählt er. „Die Abreise war wirklich hart. Es herrschte ein enormes Gedränge, jeder hat versucht, so schnell wie möglich aus dem Kriegsgebiet zu kommen“. Gemeinsam mit einem Freund gelangt Osawe über eine Zwischenstation in Ungarn schließlich nach Deutschland. Für internationale Studierende aus der Ukraine, die ihr Studium fortsetzen wollen, sind zu diesem Zeitpunkt die Perspektiven unklar und die bürokratischen Hürden hoch. An der HNU wird rasch ein passendes Programm ins Leben gerufen, um den Betroffenen möglichst unkompliziert eine Fortsetzung ihres Studiums zu ermöglichen; der Verein Giving Africa a New Face e.V. (GAaNF) in München unterstützt bei der Verbreitung dieser Information.

Austin Osawe erfährt per WhatsApp von der Möglichkeit, sein betriebswirtschaftliches Studium bei passenden Voraussetzungen an der HNU fortsetzen zu können. Nach einigen Hindernissen kontaktiert er kurzerhand Prof. Dr. Elmar Steurer, der ihm bei den Formalitäten unter die Arme greift. Es klappt: Nach kurzer Zeit ist Osawe ordentlich eingeschriebener HNU-Student. „Ich habe mich im International Office vorgestellt, wo ich einen Studierendenausweis und Unterstützung bei der Stundenplanerstellung bekommen habe“, sagt er. „Natürlich kam ich dann etwas später ins laufende Semester – das war eine Herausforderung, aber alles hat sehr gut funktioniert“. Edith Otiende-Lawani von GAaNF lobt den Ablauf seitens der HNU: „Es ist sehr schön, zu sehen, dass unsere Arbeit Früchte trägt. Wir haben intensiv daran gearbeitet, den geflüchteten afrikanischen Studierenden eine möglichst unbürokratische Perspektive zu bieten, und Austin ist ein Paradebeispiel dafür, wie das funktionieren kann“.

Begeistert von der HNU: Austin Osawe hängt ein weiteres Semester an  

Noch immer legt der Student einige Wegkilometer zurück – jetzt aber nur noch zwischen Neu-Ulm und Rosenheim, wo er untergebracht wurde. Dank 9-Euro-Ticket kann er diese Strecke günstig pendeln und so an den Vorlesungen und Kursen an der HNU teilnehmen. An seinem Studium in Neu-Ulm begeistern ihn vor allem die Praxisnähe und der Fokus auf Präsentationen – und das so nachhaltig, dass er sich entschlossen hat, auch im kommenden Wintersemester an der HNU zu studieren. „Ich fühle mich hier vollkommen angenommen“, sagt Austin Osawe. „Für diese große Chance bin GAaNF, der HNU und Prof. Dr. Steurer enorm dankbar – sie haben sich um diejenigen unter uns gekümmert, die dachten, ihr Studium niemals fortsetzen zu können“.

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Austin Osawe (Foto: privat)