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Für See­fah­rer gibt es noch viel zu ver­bes­sern

02.11.2020, For­schung :

Eine Studie unter Federführung von HNU-Doktorandin Marina Fotteler beleuchtet die Arbeits- und Lebensbedingungen von Seefahrern, die mit Inkrafttreten des Seearbeitsübereinkommens (2006) der Internationalen Arbeitsorganisation weltweit verbessert werden sollen. Der Erfolg ist bisher aber überschaubar.
 

Im Rahmen einer Analyse der weltweiten Schifffahrt bewertet HNU-Doktorandin Marina Fotteler (Institut DigiHealth) zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Süddänischen Universität (Syddansk Universitet) die bisherigen Auswirkungen des Seearbeitsübereinkommens (2006) der Internationalen Arbeitsorganisation, welches im Jahr 2013 in Kraft trat und von mittlerweile 93 Staaten ratifiziert wurde. Das Übereinkommen ist ein Meilenstein zur Verbesserung der Situation von Seeleuten und legt Mindeststandards für Bereiche wie Beschäftigungsverträge, Löhne, Arbeits- und Ruhezeiten, Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung fest. Einer der Mechanismen, um die Einhaltung der Richtlinien durchzusetzen sind Hafenstaatskontrollen, die in verschiedenen Schifffahrtsregionen der Erde (den sogenannten „Memoranda of Understanding“- oder kurz MoU-Gebieten) organisiert und durchgeführt werden.

Alle MoU-Gebiete veröffentlichen jährliche Inspektionsstatistiken, die von den Autoren für den Zeitraum 2010 bis 2017 – also der Zeit sowohl vor als auch nach Inkrafttreten des Seearbeitsübereinkommens – systematisch ausgewertet wurden. Die Analyse lässt allerdings nur geringe Veränderungen in der Anzahl von Schiffsinspektionen bei einem gleichzeitig leichten Rückgang an entdeckten Mängeln verschiedener Kategorien in fast allen MoU-Gebieten erkennen. "Da gibt es also durchaus noch Luft nach oben, auch in Europa, denn der prozentuale Satz von dokumentierten Mängeln bleibt nach wie vor recht hoch. Besser wäre es natürlich, wenn trotz der vielen Inspektionen mit der Zeit deutlich weniger Mängel entdeckt würden, da man erst dann von wirklichen Verbesserungen sprechen kann", kommentiert Marina Fotteler die aktuelle Entwicklung in der Schifffahrt. Dennoch zeige der Trend zumindest eine erhöhte Aufmerksamkeit für Seefahrer und deren Bedingungen. "Rund neunzig Prozent aller Güter weltweit sind irgendwann im Produktionsprozess auf den Schiffstransport angewiesen, und trotzdem ist diese ganze Industrie für die meisten Menschen völlig unsichtbar", so die Erstautorin der Studie, die in der internationalen Zeitschrift BioMed Central Public Health veröffentlicht wurde.

Zitat:
Fotteler, M. L., Bygvraa, D. A. & Jensen, O. C. (2020): The impact of the Maritime Labor Convention on seafarers’ working and living conditions: an analysis of port state control statistics. BMC Public Health 20 (1), 1-9.
DOI: 10.1186/s12889-020-09682-6

Link: https://bmcpublichealth.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12889-020-09682-6

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Blick von einer Schiffsbrücke (Forschungsschiff Dana, Dänemark). Bild: Marina Fotteler.