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Frau­en.Ma­chen.Wis­sen­schaft: weib­li­che Wis­sen­schafts­kar­rie­ren stär­ken

08.03.2022, We­ge in die Wis­sen­schaft :

Leaky Pipeline,  Mental Load und Carearbeit – auch und gerade in der Wissenschaft ist eine gleichberechtigte Karrieregestaltung für Männer und Frauen noch immer keine Selbstverständlichkeit. Frauen.Machen.Wissenschaft will das ändern: Das speziell auf wissenschaftliche Mitarbeiterinnen zugeschnittene, strukturierte Qualifizierungsprogramm unterstützt Frauen an der HNU seit einem Jahr in ihrer Laufbahn. Programmleiterin Dr. habil. Felicitas Meifert-Menhard stellt das Programm vor und hat mit uns über Hürden, Chancen und Zukunftsmodelle in der akademischen Karriereplanung von Frauen gesprochen. 

Frau­en.Ma­chen.Wis­sen­schaft

Das strukturierte Qualifizierungsprogramm Frauen.Machen.Wissenschaft (öffnet neues Fenster) unterstützt v.a. wissenschaftliche Mitarbeiterinnen der HNU in ihrer individuellen Karriereplanung durch Informationsveranstaltungen zu Promotion und Professur, Beratungsangebote und ein breit gefächertes Workshop- und Trainingsangebot. Interessierte Mitarbeiterinnen können sich außerdem mit erfahrenen Mentorinnen aus Wissenschaft und Wirtschaft vernetzen.

Informieren, motivieren und netzwerken: Frauen.Machen.Wissenschaft stärkt Frauen in ihrer beruflichen Entwicklung und Karriereplanung.

Dr. habil. Felicitas Meifert-Menhard
Dr. habil. Felicitas Meifert-Menhard, Programmleitung, und Prof. Dr. Claudia Kocian-Dirr, Frauenbeauftragte der HNU

Ein Jahr Frau­en.Ma­chen.Wis­sen­schaft

Das Kick-off im März 2021

Der Startschuss fiel am 30. März 2021: Zwanzig neugierige Gesichter erschienen zum virtuellen Kick-off des neuen Programms Frauen.Machen.Wissenschaft an der HNU. Begrüßt wurden sie von Dr. habil. Felicitas Meifert-Menhard, die in Kooperation mit der Frauenbeauftragten Prof. Dr. Claudia Kocian-Dirr das Programm konzipiert, organisiert und leitet. Und so erhielten die Teilnehmerinnen des Kick-offs, allesamt wissenschaftliche Mitarbeiterinnen (WiMas) an der HNU, einen ersten Einblick in ein Angebot, das im bayernweiten HAW-Vergleich seinesgleichen sucht: ein speziell auf die Situation der weiblichen WiMas zugeschnittenes, strukturiertes Qualifizierungsprogramm, das sie in ihrer individuellen Karriereplanung durch Informationsveranstaltungen, Beratungsangebote und ein breit gefächertes Workshop- und Trainingsangebot unterstützt.

Breite Palette an Qualifizierungs-, Beratungs- und Netzwerkmöglichkeiten

Frauen.Machen.Wissenschaft wird durch die erneute Förderung der HNU im Professorinnenprogramm III der Bundesregierung und der Länder ermöglicht. Nachdem die Hochschule schon in der ersten Förderrunde den Zuschlag erhalten und insgesamt drei neue Professorinnen berufen hatte, standen neben der Neuberufung einer weiteren Professorin dieses Mal die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen im Fokus: Wie können Angebote geschaffen werden, die diese Zielgruppe fördern und für einen weiteren Karriereweg bis hin zur Professur fit machen? Unter dem Dach von Frauen.Machen.Wissenschaft sind seit März letzten Jahres genau solche Angebote entstanden: von Infoveranstaltungen zur Promotion und HAW-Professur über Workshops und Seminare bis hin zu Einzelberatungen und virtuellen Kaffeepausen gab es eine breite Palette von Qualifizierungs-, Beratungs- und Netzwerkmöglichkeiten, an denen bereits über 20 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen teilgenommen haben.

Im Fokus: eigene Ideen und Bedarfe der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen

Beim Aufbau des Programms legte Programmleitung Dr. habil. Felicitas Meifert-Menhard besonderes Augenmerk darauf, dass die Wissenschaftlerinnen ihre eigenen Ideen und Bedarfe in die Konzipierung des Workshop-Angebots mit einbringen konnten. Dazu wurden die WiMas beim Kick-Off per Umfrage befragt, in welchen Bereichen sie sich verstärkt Fortbildungsmöglichkeiten wünschen. Klarer Sieger war der Bereich “Kommunikation und Präsentation”, weshalb dieses Thema mit gleich zwei Online-Workshops im Sommersemester 2021 vertreten war: "Kommunikation in Academia: (Gesprächs-)Führung & Selbstwirksamkeit für Frauen" und "Souverän auftreten, effektiv kommunizieren – exklusiv für Frauen". Im Wintersemester 2021/22 richtete sich der Fokus stärker auf die Bereiche “Selbstführung” und “Karriereplanung”, mit den Online-Workshops “Gesunde Selbstführung und resiliente Haltung”, “Zeitmanagement und Zeitkompetenz in der Wissenschaft” und “Karriere gestalten”. 

Neue Zielgruppe: weibliche Lehrbeauftragte

Auch in den kommenden Semestern soll Frauen.Machen.Wissenschaft Nachwuchswissenschaftlerinnen an der HNU darin bestärken, ihre wissenschaftliche Laufbahn aktiv zu gestalten und sich beruflich und persönlich weiterzuentwickeln. Als neue Zielgruppe unterstützt Frauen.Machen.Wissenschaft dabei auch vermehrt weibliche Lehrbeauftragte, die an der HNU Lehrerfahrung sammeln und sich so für eine spätere Tätigkeit als HAW-Professorin qualifizieren. Dass das bisherige Angebot von den weiblichen WiMas positiv aufgenommen wird, spiegelt sich in der Aussage aus einer anonymen Umfrage zum Beratungsangebot für WiMas an der HNU im vergangenen Wintersemester wider: 

„Ich finde das Beratungsangebot […] außerordentlich gut. Wenn ich Freund*innen davon berichte, bekomme ich immer das Feedback, dass diese Art der Ansprache sehr einzigartig ist und an anderen Hochschulen so nicht gelebt wird.“

Im Ge­spräch: Dr. ha­bil. Fe­li­ci­tas Mei­fert-Men­hard

Dr. habil. Felicitas Meifert-Menhard (öffnet neues Fenster) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin für Projektleitung im Professorinnen-programm III. Die promovierte Anglistin habilitierte an der LMU über Future Narratives. 

Wenn ich nicht gerade forsche/arbeite, dann …
… verbringe ich am liebsten Zeit mit meinem Mann, unseren beiden Töchtern und unserem frechen schwarzen Kater.

Meine aktuelle Lektüre:
"Science" von Ian McEwan – meinem absoluten Lieblingsautor. 

Mein Aufgabengebiet in drei Worten:
Frauen.Machen.Wissenschaft!

So würde mich mein Schreibtisch beschreiben:
Strukturiert, minimalistisch, kaffeesüchtig.

Nicht die Frauen müssen sich verändern, sondern die strukturellen Bedingungen.

Dr. habil. Felicitas Meifert-Menhard

[1]  Welcher Grundgedanke steckt hinter Frauen.Machen.Wissenschaft – und wie wurde diese Idee in ein Programm übersetzt?

Die initiale Idee stammt von Prof. Dr. Claudia Kocian-Dirr, die nach Einwerbung der Fördermittel im Professorinnenprogramm III die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen in den Blick genommen und sich die Frage gestellt hatte, was diese Zielgruppe braucht, mit welchen Angeboten man sie auf ihrem Weg in die Wissenschaft begleiten könnte. Davon ausgehend habe ich dann ein Programm und entsprechende Angebote entwickelt, um die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen in ihrer Tätigkeit und bei ihrer Karriereplanung zielgerichtet zu unterstützen. 

Ziel des Professorinnenprogramm ist es natürlich, den Frauenanteil an den Professuren an Hochschulen für angewandte Wissenschaften zu erhöhen. Mir war aber von Anfang an wichtig, dass unser Programm alle wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen adressiert – auch diejenigen, die vielleicht (noch) keine Professur klar vor Augen haben. Frauen.Machen.Wissenschaft richtet sich daher auch an diejenigen, die nach ihrer Arbeit an der HNU unterschiedliche Perspektiven in Wissenschaft und Wirtschaft in Betracht ziehen

MIttlerweile hat sich das Programm auch etwas weiterentwickelt. Wir nehmen nun auch andere Zielgruppen in den Blick: Masterstudentinnen, weibliche Lehrbeauftragte und auch die Professorinnen, denen wir individuelle Coachings anbieten. Dieses Ausweitung hat sich relativ organisch entwickelt, weil uns das positive Feedback der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen darin bestärkt hatte, auch andere Gruppen davon profitieren zu lassen. 

Frauen.Machen.Wissenschaft spricht wirklich alle wissenschaftlich arbeitenden Frauen an der HNU an. Der Fokus liegt zwar auf den Karrierestufen ab dem Master, aber auch für Bachelorstudentinnen haben wir Partizipationsmöglichkeiten. 

Ein Pio­nier­pro­gramm

Frauen.Machen.Wissenschaft ist in dieser Form einzigartig: Ein strukturiertes Quailfizierungsprogramm für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen, das in jedem Semester vordefinierte Bereiche (Kommunikation, Führung, Selbstmanagement) abdeckt und in dem ein Zertifikat erworben werden kann, gibt es nur an der HNU. 

[2] Warum ist Ihnen das Thema Gleichstellung ein Anliegen  – fachlich, gesellschaftlich, aber auch persönlich?

Ich habe in den USA zu studieren begonnen, am Wellesley-College  in Massachusetts. In einer meiner ersten Veranstaltungen im Studium Generale kam ich in den Hörsaal – und dort saßen nur Frauen.  Das war ein Aha-Moment für mich, eine ganz andere Atmosphäre. Das Motto des Wellesley-College lautet "Women who will make a difference in the world", und dieser Gedanke treibt mich auch auf meiner Stelle an der HNU an: die Chance, etwas zu bewirken und zu bewegen. 

Von Anfang an war Gleichstellung ein Thema auf meinem Weg in die Wissenschaft: Was machen Frauen anders als Männer, wie sehen die Bedingungen aus, unter denen Frauen lernen und lehren? Je höher ich selbst auf der akademischen Karriereleiter geklettert bin, desto deutlicher wurde mir, dass in der Wissenschaft häufig mit zweierlei Maß gemessen wird. Frauen haben es schwerer, in der academic community ernstgenommen zu werden und müssen nach wie vor sehr oft mehr leisten als Männer, um die dieselben Chancen zu erhalten. 

Ich habe selbst häufiger von spezifischen Frauenförderungsprogrammen profitieren dürfen, etwa in der Schlussphase meiner Habilitation, in der ich ein Stipendium von der Bayerischen Gleichstellungsförderung erhielt. Diese Erfahrungen möchte ich weitergeben und dazu animieren, Unterstützung auf dem Weg in die Wissenschaft in Anspruch zu nehmen. 

[3] Wo liegen aktuell die gravierendsten Hürden für Frauen im Wissenschaftssystem  – und wo die Chancen?

Das größte Problem ist in meinen Augen ein strukturelles: Das Wissenschaftssystem ist nach wie vor auf männliche Karriereverläufe und männliche Biographien ausgelegt. Sprich: Du musst permanent einsatzbereit, erreichbar und flexibel hinsichtlich deiner Arbeitszeiten und deines Einsatzortes sein, du musst am laufenden Band publizieren und Drittmittel einwerben. Das kommt Frauen, die nebenbei oder im Privaten soziale Verantwortung übernehmen, nicht besonders entgegen – übrigens auch vielen Männern nicht. Die sind aber eher bereit, auf diese Anforderungen einzugehen und dafür gegebenenfalls auch etwas zu opfern. Die strukturelle Benachteiligung trifft Frauen einfach noch deutlich häufiger als Männer, Stichwort leaky pipeline. 

Mein liebstes Motto ist daher: "Change the system, not the women". Es wird so häufig suggeriert, Frauen müssten sich einfach mehr anstrengen, tougher sein, weniger jammern, mehr Vollgas geben – doch das Problem liegt im System begründet. Verändern müssen sich die Arbeitsbedingungen; die Work-Life-Balance muss in der Wissenschaft endlich nachhaltig Einzug halten. 

Natürlich gibt es derzeit viele, viele Programme und Initiativen, die dieses Problem adressieren. Ich glaube allerdings, dass sich erst etwas ändert, wenn sich auch die grundlegenden Strukturen dahinter verändern, etwa im Hinblick auf Befristung. Unsicherheit und prekäre Arbeitsbedingungen schrecken ab, gerade Frauen mit Kindern bzw. Familie suchen dann eher einen Weg außerhalb der Wissenschaft, weil sie weniger bereit sind, diese Wagnisse einzugehen. Zwar gibt es Vorbilder, aber die sind häufig unnahbar. Keine gibt zu, am Nachmittag sehr gerne mit ihrem Kind auf dem Spielplatz zu sitzen – solche Aussagen müssten einfach vollkommen normal sein. 

Le­aky Pipe­line 

bezeichnet das Phänomen, dass der Frauenanteil in der Wissenschaft mit steigender Qualifizierungsstufe sukzessive abfällt: Während Frauen zu Studienbeginn in vielen Fachbereichen gar noch in der Überzahl sind und das Verhältnis in der Promotions- und PostDoc-Phase relativ ausgeglichen ist, sinkt der Anteil an Frauen spätestens bei den Professuren dramatisch ab. 

Derzeit liegt der bayernweite Professorinnenanteil an HAWs bei ca. 21%, an der HNU lehrten im Wintersemester 21/22 25% Professorinnen.

[4] Inwiefern gestaltet sich die Situation für Nachwuchswissenschaftlerinnen an HAW anders als an Universitäten?

An der Universität ist der Mittelbau für den Großteil der Lehre zuständig und forscht und publiziert nebenbei. An HAWs lehren wissenschaftliche Mitarbeiter:innen seltener, streben auch nicht notwendigerweise eine Promotion an. Die Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses in die Lehre fehlt an den HAWs. Das finde ich recht paradox, denn wenn eine Professur angestrebt wird, muss die Kandidatin ja Lehrerfahrung nachweisen und im Falle einer erfolgreichen Berufung dann auch viele, viele  Wochenstunden lehren. Gerade Frauen mit Familie, die sich für eine Berufung interessieren, müssen dann neben Projekten und Promotion auch noch Lehraufträge an Land ziehen, um berufungsfähig zu werden. Die „klassische" wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität hat es in der Hinsicht leichter, weil ihr Tätigkeitsprofil schon von Vornherein alles abdeckt, was man für eine spätere Berufung braucht. An der HAW müssen die wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen da stärkere Eigeninitiative zeigen. 

Grundsätzlich sind die Tätigkeitsprofile unserer wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen sehr bunt: Manche machen in erster Linie Projektmanagement, manche promovieren – das ist natürlich differenzierter als an der Universität, wo alle mehr oder weniger dasselbe machen: lehren, auf Konferenzen fahren, publizieren. 

[5] Wie sah Ihr eigener Weg in die Wissenschaft aus und was hätten Sie selbst sich möglicherweise auf diesem Weg gewünscht?

Mein Weg war eher klassisch: Nach dem Studium habe ich promoviert und nach der Promotion dann eine Stelle in einem EU-Forschungsprojekt angeboten bekommen, aus der schließlich meine Habilitation entstanden ist. Danach habe ich als Privatdozentin gearbeitet und auch die ein oder andere Professur vertreten.

Im Laufe der Zeit habe ich allerdings gemerkt, dass mich das nicht mehr so sehr reizt. Ich habe immer gerne gelehrt, den Kontakt zu den Studierenden sehr geschätzt und dort auch positives Feedback erhalten. Aber das Publizieren um des Publizierens willens, das Einwerben von Drittmitteln – immer mehr und immer mehr –, das fand ich irgendwann nicht mehr erfüllend, und so  wechselte ich ins Wissenschaftsmanagement.

Wenn ich mir etwas hätte wünschen können, dann, dass ich früher bzw. bereits am Anfang meiner wissenschaftlichen Laufbahn klarer und strukturierter beraten worden wäre: Was sind denn eigentlich meine Optionen? Wo kann ich später mal hin? Meine Erfahrung ist, dass viele Weichen sehr früh gestellt werden und dass es wichtig ist, bestimmte Meilensteine auf dem Weg z.B. zur Professur rechtzeitig im Hinterkopf zu haben. Ich habe im Ausland zwar studiert, aber nie einen Forschungsaufenthalt absolviert. Diese fehlende Auslandserfahrung an einer Universität erwies sich später als einer der Knackpunkte auf dem Weg zu einem dauerhaften Ruf als Professorin. Im Vorfeld hatte mir nie jemand gesagt, das ist zwingend notwendig, mach das! Deshalb biete ich genau diese Beratung jetzt an, um wissenschaftliche Mitarbeiterinnen dabei zu unterstützen, frühzeitig sondieren zu können, was wichtig ist und worauf man achten sollte. 

[6] Welche Erfahrungen haben Sie bislang an der HNU und mit Frauen.Machen.Wissenschaft gemacht?

Meine wichtigste Erkenntnis ist die, wie schön es ist, an einer kleinen Hochschule zu arbeiten! Ich habe hier in kürzester Zeit so viele nette und hilfsbereite Menschen kennengelernt und bei den unterschiedlichsten Themen sofort Ansprechpartner:innen gefunden, die mir weitergeholfen und mich unterstützt haben. Diese Hilfsbereitschaft und Wertschätzung, vor allem im Team, aber auch darüber hinaus, finde ich wirklich schön. Trotz Corona hatte ich immer das Gefühl, dass neue Mitarbeitende sofort aktiv in die HNU-Gemeinschaft eingebunden werden. 

Bei Frauen.Machen.Wissenschaft habe ich bislang sehr positives Feedback erhalten. Auch wenn nicht alle WiMas immer die Zeit finden können, jedes Angebot wahrzunehmen, ist es mir wichtig, dass sich sich gut beraten fühlen und jederzeit die Möglichkeit haben, an dem Angebot zu partizipieren. 

[7] Welchen Rat können Sie Frauen auf ihrem Weg in die akademische Welt mit auf den Weg geben?

Mein Rat: Früh Netzwerke aufbauen! Ohne Kontakte wird es schwierig. Es reicht nicht unbedingt, allein gut zu sein in dem, was man tut – man muss die richtigen Leute kennen. Ich habe das Gefühl, dass das Frauen grundsätzlich schwerer fällt; auch mir persönlich ist es nie so leicht gefallen, beispielsweise bei Konferenzen an den Stehtischen Socializing zu betrieben. Von einer Kollegin habe ich einmal den Tipp bekommen, pro Konferenz zwei neue Kontakte zu knüpfen. Sowas ist natürlich super. Frauen wird schon in der Schule eine gewisse Zurückhaltung anerzogen, die später hinderlich sein kann.

[8] Mittel- und langfristig gedacht: Welche weiteren Ziele verfolgt das Programm, was soll ausgebaut oder verstetigt werden?

Ich fände es gut, wenn das Programm verstetigt wird und damit mehr als nur eine Generation an wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen unterstützt werden kann. Es ist immer schade, wenn viel Geld und Zeit und Energie in ein Projekt investiert wird und das mit Laufzeitende wieder im Sand verläuft. Das wäre mein Wunschtraum, dass die strukturierte Begleitung von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen an der HNU eine Daueraufgabe wird.

Wenn sich das Programm überflüssig macht, weil überall Parität herrscht und 50 % Professorinnen an den Hochschulen sind – dann ist mir das natürlich sehr recht. Ich fürchte allerdings, dass das noch seine Zeit dauern wird. Besonders erfreulich wäre es, wenn eine jetzige WiMa in Zukunft einmal als Professorin an die HNU zurückkommt und ihre Erfahrungen weitergeben kann – ganz im Sinne des Kaskadenmodells, in dem Vertreterinnen jeder Karrierestufe als Vorbild für den jeweils nachfolgenden Nachwuchs fungieren können. Vorbilder sind einfach immens wichtig, sie können zeigen, dass es Wege gibt und wie diese aussehen können.

In Bezug auf die Angebote wollen wir in Frauen.Machen.Wissenschaft künftig noch mehr Einzelberatungen und Einzelcoachings für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Professorinnen anbieten, um deren spezifische Bedürfnisse gezielter abdecken zu können.

[9] Zeit zum Träumen: Was hat sich in fünf Jahren im Hinblick auf Gleichstellung und Karrierechancen von Frauen getan?

Es wird weniger über Gleichstellung geredet und mehr für Gleichstellung getan. Gleichstellung ist ein Zug, auf den – natürlich auch, weil es schlichtweg ein wichtiges Thema ist – viele aufspringen. Ich habe aber immer noch das Gefühl, dass das oft ein Lippenbekenntnis bleibt. Wenn es solche Programme wie Frauen.Machen.Wissenschaft irgendwann nicht mehr geben muss, dann haben wir unseren Job gemacht. Das wäre also meine Wunschvorstellung: dass Gleichstellung gemacht und gelebt und nicht nur darüber geredet wird.