Amrei, die an der HNU Information Management Automotive (IMA) studiert hat, arbeitet nach ihrem Studium drei Jahre lang als Business Analyst in der IT-Beratung, bevor sie letztes Jahr ihr eigenes Start-up „Preparents“ im Telehealth-Bereich gründet. Gleichzeitig füllt sie seit dem Sommer 2020 eine 50%-Stelle im Verbundprojekt EVELIN an der HNU aus. Die 25-Jährige setzt auf dieses doppelte Standbein, weil es ihr sowohl unternehmerische Freiheit als auch die Sicherheit des öffentlichen Dienstes bietet – und ein Türöffner für eine mögliche akademische Karriere ist: Sie möchte auch in Zukunft als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig sein und plant einen berufsbegleitenden Master.
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Im Rahmen von EVELIN sind Amrei und ihre Kollegin Bianca Bergande unter anderem für den Vorkurs Programmiergrundlagen (öffnet neues Fenster) zuständig, der zweimal im Jahr jeweils vor Semesterbeginn für Erstsemester der Studiengänge IMA (öffnet neues Fenster), Informationsmanagement und Unternehmenskommunikation (öffnet neues Fenster) (IMUK) und seit 2018 auch für Anwärter*innen des neuen Studiengangs Game-Produktion und Management (öffnet neues Fenster) angeboten wird.
Ziel der Veranstaltung: Spielerisch mit den Grundprinzipien des Programmierens vertraut zu machen und Neugierde auf die Inhalte ihres beginnenden Studiums zu wecken – und das eben möglichst simpel, denn natürlich darf ein Kurs, der freiwillig besucht wird, noch keine konkreten Studieninhalte vermitteln. Vielmehr geht es darum, den Anfänger*innen einen initialen Zugang zum Programmieren anzubieten und die Hemmschwelle in Bezug auf den technischen Zugang zu senken: Was braucht man an Hard- und Software und wie lässt sich diese Technik bedienen? Wie werden Befehle programmiert? Was sind sogenannte Bedingungen und Schleifen in der Programmiersprache?
Experimentelle Verbesserung des Lernens von Software Engineering (EVELIN)
Das Neu-Ulmer Teilprojekt (öffnet neues Fenster) des bayerischen Verbundprojekts widmet sich seit 2017 der experimentellen Verbesserung des Lernens im Software Engineering. Im Zentrum stehen geschlechtergerechte Lehre, aktivierende Lehrmethoden und Basisforschung mit Fokus auf spielerische Szenarien, durch die die Studierenden fit für die Berufspraxis gemacht werden – entweder durch Projektarbeit mit agilen Methoden oder durch selbstbestimmtes Lernen und Lehren, wie etwa in Bar Camps. Dabei kommen neben Physical Computing in Form von intelligenten Robotern und Laborfahrzeugen auch neue mediale Umgebungen zum Einsatz.
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Während sie und Kollegin Bianca in ihrem Arbeitsalltag als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen praxisorientierte Forschung betreiben und ihre Ergebnisse für wissenschaftliche Paper aufbereiten, müssen sie den eigenen Themenbereich in solchen didaktischen Formaten also wieder auf seinen Kern herunterbrechen, erklärt Amrei. Solch ein didaktisches Konzept will natürlich gut durchdacht sein, zumal die Studierenden nicht nur mit unterschiedlichen Vorkenntnissen, sondern auch mit ganz unterschiedlichen Erwartungen in den Kurs kommen – und das diesmal auch noch auf virtuellem Wege. Bereits der Vorkurs im Sommersemester musste wegen der COVID19-Kontaktbeschränkungen kurzfristig abgebrochen werden; frühzeitig war klar, dass die Veranstaltung in diesem Wintersemester ganz ins Digitale übersetzt werden sollte.
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Im Normallfall dreht sich im Vorkurs Programmiergrundlagen alles um die Funktionslogik humanoider Roboter: Die Teilnehmer*innen lernen vor Ort und am Objekt, wie sie die kleinen Lego- und NAO-Roboter aus dem IMA-Lab der HNU (öffnet neues Fenster) bedienen und mit Befehlen füttern können. Die Arbeit mit den NAOs kommt aufgrund fehlender Lizenzen für eine alternative Online-Simulation nicht in Frage. Doch Amrei und Bianca sind nicht von ungefähr im Projekt EVELIN tätig, das sich ja gerade mit der Entwicklung innovativer Lehr- und Lernmethoden für Software Engineering-Themen beschäftigt: Sie werden erfinderisch. Zwar darf es im Vorkurs noch nicht darum gehen, konkrete Programmiersprachen zu lernen und anzuwenden – aber erste Apps zu bauen und dabei schon einmal ein Gefühl für den Aufbau und die Funktionslogik von Programmen zu bekommen, das ist auch auf digitalem Wege möglich. Also konzipieren die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen die Veranstaltung im Videokonferenzmodus, recherchieren und testen geeignete Tools für die Anwendungsentwicklung und planen kleinere Projektgruppen für einen „App-Wettbewerb“.
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Dabei war es ihnen wichtig, die angedachten Kursbausteine im Vorfeld einem gründlichen Praxistest zu unterziehen: „Wir wollten selbst durchspielen, wie sich die Studierenden in diesem Rahmen adäquat an das Thema Programmieren herantasten können – und wie gut das alles in einem rein virtuellen Setting funktioniert“, sagt Amrei.
Und wie geht das am besten? Wie auch im Präsenzformat: so anschaulich wie möglich. So erklärt das Team um Prof. Dr. Philipp Brune (öffnet neues Fenster), Professor für Wirtschaftsinformatik an der HNU, etwa das grundlegende Prinzip von Bedingungen (die Setzung von „wahr“ vs. „falsch“) und Schleifen (die wiederholte Ausführung dieser Anweisungen) im Programmieren am Beispiel eines Pfannkuchenrezepts: Die Teilnehmer*innen lernen, welche Rezeptschritte in welcher Reihenfolge ausgeführt werden müssen, damit ein vorhersagbares Resultat entstehen kann – Backen mit Codes also. In Scratch, einer Programmiersprache für Anfänger*innen, bringen die Studierenden nach Anleitung anschließend den Charakter „Dot“ zum Sprechen und entwickeln ein Programm, das Zufallszahlen berechnet.
Und dann dürfen die gut 40 Teilnehmer*innen endlich ihre eigenen Pfannkuchen backen: Mit tatkräftiger Unterstützung durch HNU-Tutor*innen planen und programmieren sie in Kleingruppen eigene Apps. Möglich machte das die browserbasierte MIT-App INVENTOR, für die es keine Programmvorkenntnisse braucht – ihre Bedienoberfläche beruht auf Drag & Drop, und so können sich die Kursteilnehmer*innen nach einigen Übungen schnell selbst an Applikationen ausprobieren. Die Aufgabenstellung: Eine Anwendung zu konzipieren, die ihnen selbst im Alltag fehlt – und für ein ansprechendes Design im Sinne einer guten user experience sorgen.
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So entsteht etwa eine Anwendung für die WG-Suche nach Matching-Prinzip, eine digitale Einkaufsliste (Foto) sowie eine App für Kinobesucher*innen – und eine Gruppe widmet sich Kirby’s Adventures und nutzt die INVENTOR-App, um den Spieleklassiker nachzubauen (Foto).
Im Rückblick sind vor allem die Programmierneulinge überrascht, „was man alles machen kann und was dahinter steckt“ – und genau das wollen Amrei und Bianca mit ihrem Vorkurs erreichen: Erstsemestern einen Eindruck zu vermitteln, wie Programmieren funktioniert und ihnen damit auch mögliche Unsicherheiten und Vorbehalte zu nehmen.
Zwar ist in diesem Wintersemester natürlich anders etwas anders als in den Vorsemestern auf dem Campus, und doch meldet das Gros der Teilnehmer*innen zurück, wie gut ihnen gerade die Kontaktaufnahme in den virtuellen Kleingruppen und der Austausch in Breakout-Sessions gefallen habe. „Die digitale Durchführung des Vorkurses hat nicht nur fachlich, sondern auch in Sachen Interaktion insgesamt erstaunlich reibungslos geklappt“, resümiert Amrei, die froh ist, dass die digitalen Lehrmethoden in diesen besonderen Zeiten guten Anklang finden. „Ich wünsche mir, dass wir uns in diesem Bereich weiterhin verbessern und spannende digitale Angebote anbieten können – ergänzend zur ‚normalen‘ Lehre vor Ort.“
Wenn ich nicht gerade forsche/arbeite, dann …
… findet man mich meistens bei meinem Pferd
Meine aktuelle Lektüre:
„Das Prinzip der Pyramide“ von Barbara Minto
Mein Fachgebiet in drei Worten:
Innovation, Digitalisierung, Motivation
Meine nächste Publikation wird ...
… sich auf ein Experiment in der Software Engineering Lehre beziehen
Wissenschaftlich arbeiten/promovieren ist …
… für mich der perfekte Start in den weiteren Werdegang, sowohl akademisch als auch als Gründerin eines Startups
Wenn ich nicht gerade forsche/arbeite, dann …
... höre ich Musik, probiere neue Rezepte aus oder plane schöne Ausflüge
Meine aktuelle Lektüre:
"Sapiens – a brief history of humankind" von Yuval Noah Harari – sehr erhellend und kurzweilig
Mein Fachgebiet in drei Worten:
Wissen, Begreifen, Vermitteln
Meine nächste Publikation wird ...
... die Ergebnisse einer schönen Zusammenarbeit präsentieren
Wissenschaftlich arbeiten/promovieren ist …
… die Möglichkeit, sich auf einem spannenden Feld zu vertiefen und dabei über sich hinaus zu wachsen