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HNU Health­ca­re Ma­nage­ment In­sights #18

23.09.2024, Dia­lo­ge :

In der Interviewserie befragt Prof. Dr. Patrick Da-Cruz wechselnde Expertinnen und Experten zu aktuellen Themen aus dem Gesundheitsbereich. Mit dem aktuellen Interviewpartner Jan Hacker geht es um das Thema Mergers & Acquisitions im Krankenhausmarkt.

Die Ge­sprächs­part­ner

Prof. Dr. Patrick Da-Cruz ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement an der Fakultät Gesundheitsmanagement der Hochschule Neu-Ulm (HNU) sowie wissenschaftlicher Leiter des MBA-Programms Führung und Management im Gesundheitswesen.
Vor seiner Tätigkeit an der HNU war Herr Da-Cruz bei namhaften Strategieberatungen im Bereich Pharma / Healthcare sowie in Führungsfunktionen in Unternehmen der Gesundheitswirtschaft im In- und Ausland tätig.

Prof. Dr. Patrick Da-Cruz

Nach dem Studium der BWL an der Universität Bayreuth war Jan Hacker zunächst bei der Rhön-Klinikum AG, Bad Neustadt, beschäftigt. Im Jahr 2000 erfolgte gemeinsam mit Prof. Dr. Peter Oberender die Gründung von Oberender & Partner in Bayreuth. Hier war Jan Hacker als geschäftsführender Partner tätig. Ab 2005 war er Vorstand der EconoMedic AG, seit der Verschmelzung der Firmen EconoMedic AG und Oberender & Partner zur Oberender AG ist der Vorstandsvorsitzender der Oberender AG.

Jan Hacker
Jan Hacker

Sie haben gerade den Trendbericht 2024 – M&A im Krankenhausmarkt veröffentlicht. Was sind die zentralen Ergebnisse dieser Studie?

Jan Hacker: Der Markt für Akutkrankenhäuser war im vergangenen Jahr sehr herausfordernd. Eine allgemein deutlich verschlechterte Situation der wirtschaftlichen Lage, zahlreiche Insolvenzen und keine klare gesundheitspolitische Perspektive, wie es wieder besser werden soll, haben zu großen Verunsicherungen geführt. Das hat sich dämpfend auf klassische Krankenhaustransaktionen ausgewirkt. Allerdings gab es eine Reihe von Konsolidierungen innerhalb von Trägergruppen sowie Veräußerungen aus Insolvenzen heraus, sodass doch wieder eine Reihe von Transaktionen stattgefunden haben, wenn auch mit leicht abnehmender Tendenz.

Wie stellt sich die finanzielle Lage der Krankenhäuser derzeit dar? Welche Implikationen hat die finanzielle Lage für das Transaktionsgeschehen?

Jan Hacker: Die deutschen Akutkrankenhäuser befinden sich wahrscheinlich in der größten wirtschaftlichen Krise der letzten Jahrzehnte. Damit hat natürlich auch die Zahl der Krankenhausträger, die sich eine Veräußerung vorstellen können oder diese konkret angehen, zugenommen. Auf der anderen Seite ist die Käuferseite aus denselben Gründen deutlich zurückhaltender geworden, sodass es mittlerweile auch Kliniken gibt, für die sich gar keine Interessenten mehr finden. Das sah vor ein paar Jahren noch ganz anders aus.

Wie wirken sich die Krankenhausreformen der jüngsten Vergangenheit auf das M&A-Geschehen aus?

Jan Hacker: Auswirkungen zeigen eher die Krankenhausreformen, die nicht stattgefunden haben. Trotz intensiver politischer Diskussionen konnten sich Bund und Länder bislang ja noch nicht einigen, und so befindet sich der Gesamtmarkt gerade in einer Art von regulatorischer Starre. Ob eine grundlegende Krankenhausreform in dieser Legislaturperiode überhaupt noch möglich ist, wird sich wohl in den nächsten wenigen Monaten zeigen müssen. Darüber hinaus hat der derzeitige Gesundheitsminister seiner Ankündigung von Ende 2022, die MVZ-Trägereigenschaft von Kliniken für Finanzinvestoren deutlich einzuschränken, bislang keine Taten folgen lassen. Hier entsteht langsam wieder Zuversicht, dass sich daran auch im Rest der Legislaturperiode nichts ändern wird.

Inwieweit beeinflussen die Themen die Digitalisierung und KI die M&A-Aktivitäten im Krankenhausbereich sowie weiteren Segmenten des Gesundheitswesens?

Jan Hacker: Deutsche Krankenhäuser sind ja leider in Sachen Digitalisierung dem Rest der Welt ein wenig hinterher. Auch das KHZG hat daran fundamental nichts geändert. Durch die deutlich steigenden Anforderungen (z. B. Kritis, NIS-2) steigt nun aber der Druck aus Haftungsgründen. Der Digitalisierungsgrad eines Krankenhauses ist damit zunehmend ein Prüfgegenstand in Transaktionsverfahren.

Deutlich weiter in die Zukunft gedacht hat KI natürlich das Potenzial, bei der Patientenversorgung zu entlasten und damit zur Lösung des großen Personalengpasses in den weißen Bereichen beizutragen. Das ist jedoch kein kurzfristig zu erwartender Effekt.

Welche Trends und Entwicklungen im Bereich M&A im Gesundheitswesen erwarten Sie in der Zukunft? Gibt es spezifische Marktsegmente oder Regionen, in denen eine verstärkte bzw. rückläufige Entwicklung an M&A- Aktivitäten zu erwarten ist?

Jan Hacker: Bei unveränderten rechtlichen Rahmenbedingungen wird die Nachfrage nach Träger-Vehikeln für medizinische Versorgungszentren wieder zunehmen. Und auch der Konsolidierungsdruck im klassischen Krankenhausgeschäft wird weiter hoch bleiben oder steigen. Wenn es aber nicht gelingt, den Betrieb der überwiegenden Zahl der deutschen Krankenhäuser wieder rentabel zu machen, wird man hierfür schwerlich Investoren finden.

Weiterhin werden kleine Versorgungskrankenhäuser insbesondere in oder in der Nähe von Ballungszentren Verlierer der aktuellen Entwicklungen sein. Dort werden in der Mehrzahl keine Veräußerungen mit unveränderten Geschäftsmodell, sondern eher Umnutzungen hin zu stärker ambulant und pflegerisch orientierten Gesundheitszentren stattfinden.

Vielen Dank für das Gespräch!