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Stress­fak­tor Li­kes? Wie Con­tent Crea­tor auf Ins­ta­gram Stress er­le­ben und be­wäl­ti­gen

02.02.2024, For­schung :

Interaktion in sozialen Netzwerken wird häufig zur Stressregulierung genutzt – kann aber auch das genaue Gegenteil bewirken und zu erheblichem psychischem Druck führen. Forschende der Hochschule Neu-Ulm (HNU) haben sich dieser Schattenseite von Social Media gewidmet: Sie identifizierten und analysierten auf der Plattform Instagram unterschiedliche Stressbewältigungsstrategien – und zeigten dabei auch auf, dass gewisse Strategien zu erhöhter Nutzung von Social Media und damit wiederum zu mehr Stress führen können. Ihre wichtigsten Erkenntnisse: Die Anzahl an Likes trägt erheblich zum Stressempfinden bei, und online erfahrener Stress kann auch auf Offline-Beziehungen übergreifen.

Die meisten von uns kennen es: Nach einem hektischen Tag scheint das Scrollen durch soziale Netzwerke das Nervensystem zu beruhigen, und teilt man eigene Beiträge, verschaffen Kommentare und Likes regelrechte Dopaminkicks. Doch was, wenn diese positive Interaktion ausbleibt? Welche Auswirkungen hat dies auf unser Stressempfinden und wie kommen wir damit zurecht?   

Interaktion auf Instagram – Stresspuffer und Stressauslöser

In einer qualitativen Studie widmen sich Maximilian Haug (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Digitale Innovation, IDI), Julia Reiter (IMUK-Absolventin) und HNU-Prof. Dr. Heiko Gewald (Leiter des IDI) dem Stresserleben von Contenterstellerinnen und -erstellern auf Instagram: Sie untersuchten, welche Faktoren Stress bei der Contentproduktion und der anschließenden Interaktion verursachen, wie die Plattform als Stresspuffer genutzt wird und wie die Probandinnen und Probanden mit diesen Stressfaktoren umgehen.

Von Ablenkung bis Selbstsabotage: Stressbewältigungsstrategien sind vielseitig

Die Studie offenbarte einen starken Fokus auf Likes: Werden Inhalte gepostet, geht es vor allem darum, eine bestimmte Anzahl an Likes zu erreichen – Kommentare werden als zwar positives, aber optionales Extra wahrgenommen. Bleiben die erwünschten Likes aus, entsteht Stress. Ein nicht zu unterschätzendes Problem dabei: Der durch Interaktion auf Social Media entstehende Stress kann auf Offline-Beziehungen übergreifen und diesen schaden.

In ihren Interviews identifizierten Maximilian Haug, Julia Reiter und Prof. Dr. Heiko Gewald zwei unterschiedliche Kategorien der Stressbewältigungsstrategien: emotions- und problemorientierte Strategien. In die erste Kategorie fällt etwa Ablenkung oder das Löschen von Inhalten; als problemorientiert gelten Strategien wie eine Änderung des Posting-Verhaltens oder des eigenen Mindsets. Das Interessante bei letzteren Strategien: Weil weiterhin Content produziert wird, bleiben Nutzerinnen und Nutzer in diesen Fällen dem Kreislauf der Aufmerksamkeitsgewinnung auf Social Media verhaftet.

Mögliche Lösung: den Einfluss von Likes verringern

Die Studie gibt Einblicke in das Stresserleben von Contenterstellerinnen und -erstellern und bietet ein Raster für unterschiedliche Stressbewältigungsstrategien. Eine mögliche Lösung sehen die Forschenden darin, den Fokus auf Likes in der Funktionslogik von Social-Media-Plattformen zu verringern – dies könnte in einem ersten Schritt den Stress bei der Contenterstellung reduzieren. Allerdings gestalten sich solche Ansätze komplex, da sie meist in Konflikt mit der Like-Ökonomie und dem starken Fokus auf Interaktion auf Social-Media-Plattformen stehen.

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Haug, Maximilian; Reiter, Julia; Gewald, Heiko (2024): Content creators on Instagram—How users cope with stress on social media. In: Telematics and Informatics Reports 13, S. 100111. DOI: 10.1016/j.teler.2023.100111
Zum Volltext: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2772503023000713?via%3Dihub

Ansprechpartner
Maximilian Haug